Gründungsgeschichte


Am 3. März 2009 ist das Historische Archiv der Stadt Köln eingestürzt – mit den bekannten vernichtenden Folgen für Menschenleben und Lebensräume, für ein ganzes Stadtviertel, für unersetzliche Dokumente und Nachlässe, für das kollektive Gedächtnis unserer Stadt und – nicht zuletzt – europaweit für den Ruf der Kulturstadt Köln. Dieser Einsturz hat auch das Vertrauen in die demokratischen Strukturen unserer Kommune nachhaltig erschüttert.

Initiative STATT-ARCHIV bewegt BürgerInnen und Verwaltung
Um den Archiv-Krater als symbolische und faktische Wunde im Herzen Kölns im Bewusstsein der Öffentlichkeit zu halten und diesen besonderen Ort vor Privatisierung, Kommerzialisierung und Banalisierung zu retten, hat sich im Frühjahr 2011 – aus Mitgliedern von „Köln kann auch anders“ und anderen Menschen, die aus vielfältigen Gründen (als AnwohnerIn, ArchitektIn, FotografIn, NachlassgeberIn, SüdstadtbewohnerIn...) mit dem Stadtarchiv und seinem ehemaligen Ort verbunden sind – die Initiative STATT-ARCHIV gebildet.

Bürgerbeteilungsverfahren im Rahmen städtischer Planung
STATT-ARCHIV mobilisierte öffentlichen Druck und die Stadt Köln organisierte daraufhin ein offizielles Bürgerbeteilungsverfahrung im Vorfeld der Neugestaltung des Archivgeländes und seiner Umgebung. In diesem Rahmen fand Mitte Juli 2011 ein zweitägiger Workshop statt, dessen Ergebnisse in die Wettbewerbsvorgaben der städtebaulichen Konzeption des Georgsviertels übernommen wurden.

Arbeitsgruppe „Gedenken“ denkt weiter
In der Arbeitsgruppe „Gedenken und Gedächtniskultur“ während des Workshops wuchs die Erkenntnis, dass dieser Ort selber bereits das gegenwärtige und künftige Denkmal sein kann – zum Beispiel durch die Integration des Einsturzkraters in eine zukünftige Planung und damit das Einschreiben des Geschehenen in den Grundriss der Stadt.

Nächtliche Vision und Gründung von ArchivKomplex
Spät nachts zwischen den beiden Workshoptagen verfasste die Nachlassgeberin und Künstlerin Dorothee Joachim einen Aufruf, der zur Gründung von ArchivKomplex führen sollte:

Fazit: den Ort selbst zum "Denkmal" ("Amphitheater") machen - („Zeige deine Wunden“, Joseph Beuys) - , an/auf dem permanent Ideen (weiter)entwickelt werden (mit Künstlern, Theaterleuten, Schülern, Anwohnern, Tänzern, Archivaren, Historikern, Therapeuten, Philosophen, Bürgern der Stadt, Geologen, Sportlern, Musikern, Studenten KHM / FH für Design ISD / Hochschule für Tanz und Musik, Archäologen...) - - - und zwar soll m. E. (außer des Einsturzes selbst, der Todesopfer, der Verluste...) vor allem der strukturellen Fehler im demokratischen Gefüge der Stadt "gedacht" werden, die zu dem Unglück geführt haben - - -
"Gedenken" auch nicht nur im Sinne von "Kerze anzünden" (obwohl Rituale wichtig und heilsam sind), sondern als permanenter in der Gegenwart stattfindender und auf die Zukunft gerichteter Prozess, um künftig durch Transparenz und Kontrolle, u.a. durch die Öffentlichkeit (den "Souverän" der Stadt), Ähnliches zu verhindern... Keine „finale“ Planung !! Zwischennutzung als Planungsprozess !! JETZT DAMIT ANFANGEN !!! Auch die Zwischennutzung muss öffentlich ausgeschrieben werden!

„Denkmal als Prozess“ heute und morgen
Dem Aufruf folgten etliche der Arbeitsgruppenmitglieder, weitere AktivistInnen kamen dazu. ArchivKomplex – eine unabhängige Gruppe von KünstlerInnen, ArchitektInnen, AutorInnen und anderen engagierten Bürgerinnen und Bürgern – begreift von Beginn an den amphitheatralischen Trichter als Einladung zu einer Folge von temporären künstlerischen Interventionen unterschiedlichster Art: zum „Denkmal als Prozess“. Ein Prozess der in der Gegenwart stattfindet und auf die Zukunft gerichtet ist, der Debatten anstößt über zeitgenössische Formen des Gedenkens, politische Strukturen, städtische Planungsverfahren und künstlerische Strategien.


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