UPDATE: Der Kölner Stadtrat hat am 14. Februar 2017 einstimmig die Annahme des Geschenkes "Einsturzstelle" beschlossen. Oberbürgermeisterin Henriette Reker bedankte sich bei ArchivKomplex und dem Künstler Mischa Kuball.

 

RÜCKBLICK: Am siebten Jahrestag des Archiveinsturzes, am 3.März 2016, enthüllte ArchivKomplex am Einsturzort das Kunstwerk "EINSTURZSTELLE" von Mischa Kuball und machte es der Stadt Köln zum Geschenk (siehe unten). Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes versprach, sich dafür einzusetzen, dass dieses wichtige Werk vom Stadtrat als Geschenk akzeptiert werde. Zugleich hat Reinhard Matz seine Intervention von 2012 wieder in neuer Form am Bauzaun installiert, nun als „Beklagung in acht Tafeln“ (hier anklicken zum Nachlesen).

ArchivKomplex und "Köln kann auch anders" hatten zum Einsturzort geladen, um der Toten zu gedenken, aber auch den Blick nach vorne zu richten. Knapp 200 interessierte Bürger sowie Vertreter von Stadtverwaltung, -politik und KVB waren anwesend. Nach der musikalischen Einleitung durch "Trööt op Jöck" beschrieb Frank Deja (Köln kann auch anders) das „Kölner Grundübel“: Möglichst viele sind zuständig, möglichst niemand verantwortlich. Stadtdirektor Guido Kahlen berichtete über den Stand der Ermittlungen.

                                                                                                               Foto: Christine Sünn

 EINSTURZSTELLE – ein Geschenk an die Stadt Köln

Die Aktion des Künstlers Mischa Kuball, der als Professor der Kunsthochschule für Medien in nächster Nachbarschaft lehrt, reagiert auf die Vernachlässigung des Ortes mit einer Markierung als „Sehenswürdigkeit“. Eine Einladung zum „Katastrophentourismus“?

Den gibt es bereits: Reisebusse fahren vor, Kölner*innen führen ihre Gäste hierher. Und warum auch nicht – ist dieses Loch etwa nicht sehens-würdig? Ist die Einsturzkatastrophe mit den drei Toten, vielen Traumatisierten und immensen Verlusten am Kulturgut nicht jeder Erinnerung wert? Oder soll dieser unerquickliche Teil Kölner Stadtgeschichte am Ende eben doch diskret an den Rand des Vergessens geschoben werden?

„Die Stadt Köln schuldet den Menschen eine Antwort auf die Frage, wie man mit der Wunde im kollektiven Gedächtnis umgehen möchte!“ Mischa Kuball

Aus diesen Gründen übergibt ArchivKomplex die Hinweistafel von Mischa Kuball der Stadt Köln am heutigen 3. März 2016 als Geschenk.

Das touristische Straßenschild erzeugt eine irritierende Ambivalenz zwischen Stadtmarketing und Stadtschande. Die Intervention scheut sich nicht, Anstoß zu erregen und Auseinandersetzungen zu provozieren. Mehr noch: Die damit einhergehenden sozialen und politischen Prozesse sind fester Bestandteil dieses künstlerischen Eingriffs in die Stadtlandschaft.

Denn in der gemeinschaftlichen Bewältigung einer mutmaßlich menschenverursachten Katastrophe steckt immer ein optimistischer Impuls. Mischa Kuball und ArchivKomplex begreifen den Verlust auch als Chance. Die Zerstörung schafft einen Raum neuer Ideen für den Unort im geschundenen Georgsviertel, genauso wie für die politische Kultur der Stadt im Sinne von Partizipation und Bürger*innenbeteiligung.

Kunst leistet dazu ihren unentbehrlichen Beitrag. Sie nimmt sich ungewohnte Freiheiten in ihren Äußerungen und kann so auf überraschende Weise unsere Wahrnehmung verändern. Dieses befreiende Potenzial künstlerischer Strategien für die „Behandlung“ des Einsturzorts zu nutzen, ist das Konzept von ArchivKomplex. Die Arbeit von Mischa Kuball erinnert an die Möglichkeit der Verwandlung des Lochs: in einen wahren Anziehungspunkt für Anwohner*innen, Kölner*innen und ja, auch Tourist*innen – in ein Aushängeschild zukunftsweisenden Gedenkens, auf das die Stadt Köln dann sogar stolz sein könnte.

Weitere Informationen: Mischa Kuball public preposition

Fotos von Christine Sünn: